01.09.-20.09.08
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Immer noch in Cusco
Hier in Cusco bleiben wir doch länger hängen, als geplant. Ich gehe noch zum Arzt, um meinen Hautausschlag im „Schritt“ endlich in den Griff zu bekommen. Mit der guten deutschen Traumeelsalbe kehrt schnell Besserung ein. Immer wieder trudeln neue Reisende ein, andere fahren weiter. Quasseln, Lagerfeuer, Infoaustausch und Grillpartys lassen uns die Tage kurzweilig werden.
Hier treffen wir auch Dieter und Wiebke, die aus La Paz (Bolivien) abgehauen sind. Es herrscht momentan Ausnahmezustand. Linke und Rechte liefern sich teilweise tödliche Auseinandersetzungen. Angeblich sind jetzt sogar auch die Grenzen zu, sodass wir unseren geplanten kurzen Abstecher nach Bolivien abblasen müssen. Zum Glück konnten wir Bolivien schon im Juni, völlig problemlos, bereisen. Somit werden wir eben wieder direkt über Chile aus Peru ausreisen, wo wir schon im Juli eingereist sind. Vorher wollen wir uns aber noch den Titicacasee und den eindrucksvollen Colca Canyon nördlich von Arequipa ansehen.
Auf nach Puno
Nach langen Abschiedszenen in Cusco eisen wir uns nun endlich los und brechen Richtung Puno auf. Der Altiplano (die Hochgebirgskette der Anden) lässt uns stetig auf Höhen von 3500m bis 4300m verweilen. Der Benz raucht, qualmt und stinkt trotz angeblich gutem Diesel ungemein aus dem Rohr, hat wenig Leistung, aber fährt brav überall hoch und hin!!
Die Landschaft wechselt. Die Berge sind nicht mehr ganz kahl, es wachsen Gräser und durch den strichführenden Flusslauf auf dieser Höhe wird sehr viel Ackerbau betrieben. Wir fühlen uns 50 Jahre zurückversetzt. Bulle oder Esel sind vor den Holzpflug gespannt. 10 Personen bewirtschaften einen Acker von ca. 1000 Quadratmetern. Wenn wir uns vorstellen, dass auf dem viele km entfernten Markt dann ein kg Kartoffeln 20 € Cent kosten, können wir uns denken, dass diese Menschen die ärmste Region Perus bevölkern. So möchte auch kurz vor Puno der erste Polizist in Peru uns wieder wegen unserer Sicherheitsgurte anschwärzen. Ich gebe ihm zu verstehen, dass ich das Wort Multa (Strafe) nicht kenne. Er gibt auf und lässt uns passieren. Im Laufe der Zeit wissen wir, wann es besser ist etwas zu verstehen oder nicht.
Puno (3830m)
Die Welt ist klein!!! In der Pousada del Inka, wo wir mit dem Benz stehen können, treffen wir wieder auf Stefan & Caroline mit Kindern aus Frankreich. Am nächsten Morgen gehen wir zum Hafen, um ein Boot zu den Urosinseln zu bekommen. Kurz darauf tuckert die alte Möhre mit anderen Touristen auf den Titicacasee (der größte in dieser Höhe liegende Süßwassersee der Welt) hinaus. Die Uros nennt man die Ureinwohner, die ihr Leben auf selbstgebauten, schwimmenden Schilfinseln bestreiten. Sie haben Süßwasser, Fisch und ihr Handwerk, Boote in allen Variationen aus Schilf zu bauen. Laut unserem Reiseführer ist der letzte Ureinwohner der Uros ca. 1958 gestorben, sodass heute viele Inseln nur zu Tourismuszwecken am Leben erhalten werden. Naja, wir waren auch etwas enttäuscht, aber trotzdem froh, es einmal live erlebt zu haben.
Auf der Rückfahrt im Collectivo erfahren wir von einer großen Fiesta, die morgen in den Strassen von Puno stattfinden soll. Also bleiben wir noch, um uns dieses Spektakel anzusehen. Es ähnelt etwas unseren Faschingsumzügen. Alle möglichen Verkleidungsarten werden gruppenweise präsentiert. Man darf sich das alles aber nicht so wohl ablaufend vorstellen, wie das bei uns der Fall ist. Kreuz und quer sind irgendwelche Gruppen verteilt, hauen auf die Pauken, dann bleibt wieder alles stehen und stockt, die Taxis und Collectivos hupen und quetschen sich zwischen den Darstellern durch. Einige trinken sich erst einmal Mut zum Tanzen an. Überall wird Kistenweise Bier verkauft. Sogar die dreirädrigen Fahrradtaxis werden bis zum Achsbruch mit Bier beladen. Uns gefällt das Treiben und das organisierte Chaos inzwischen sehr gut. Die Menschen sind alle super freundlich und in ausgelassener Feierstimmung. Laila kommt aus dem Staunen auch nicht mehr heraus. Bären, Kühe, Kondore und sonst was alles tanzt auf den lauten Rhythmus der Musik. Aber schnell entdeckt sie auch die Riesenrutsche, die für unsere Verhältnisse wirklich gigantomatisch hoch ist. Aber Laila will hoch, ist ja klar, und Papa muss auch mit. Schnaufend oben angekommen, sieht es aus wie eine Skisprung Schanze. Naja, Augen zu und los geht die Partie!!! Wir kommen etwas verdreht unten an, und nehmen für die nächsten Rutschereien die etwas kleinere Rutsche, puhh!! Gegen später schlendern wir noch über den Markt und genießen mal wieder die Vielfalt der Stände (auch mitten zwischen den Straßenbaustellen). Es ist wirklich sehr interessant, was hier alles zu barer Münze gemacht wird. Schuhe, String Tangas, Rasier und Badeshampoo, Huhn mit Pommes und Reis, Inkaklamotten, Autoteile, Möbel und und und. Für uns Europäer wirklich eine komplett andere Kultur. Aber genau das ist ja der Grund, warum wir hier sind. Peru und Bolivien wird ja auch gerade deswegen als das „wahre“ Südamerika beschrieben. Argentinien und Chile sind in vielen Bereichen schon weit aus mehr europäisiert.
So, und nun noch ein weiterer Tag in Puno. Petra geht zum Shoppen und möchte noch Klamotten für die Daheimgebliebenen organisieren. Die gibt es hier in großer Auswahl und zu guten Preisen. So besichtige ich mit Laila noch das Museumsschiff „Yavari“. Es wurde 1862 in England gebaut, in Nordchile in Einzelteile zerlegt und dann von Tacna mit Maultieren über den Altiplano zum Titicacasee transportiert, restauriert und wieder zusammengebaut. Die ganze Zeremonie dauerte ganze 6 Jahre. Es ist wirklich sehr schön restauriert. Respekt!!!
Wir wollen nun weiter zum Colca Canyon und noch Arequipa, von wo aus unsere Route wieder zurück nach Chile führen soll. Davon aber mehr im nächsten Bericht.
Übrigens……. Der Wachposten der Pousada läuft den ganzen Tag mit Knarre im Halfter und kugelsicherer Weste umher. Für hiesige Verhältnisse ganz normal. Was uns etwas ins Grübeln bringt, ist der Verdienst dieses netten Mannes und warum wir in Peru soviel Geld ausgeben??? Er verdient bei einer 6 Tage Woche mit jeweils 12 h Arbeitszeit 740 Soles im Monat, das sind gut aufgerundet geschlagene 200€.
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